Man sagt was man sagt
Man lacht über das was man lacht
Man fragt was man fragt
Man macht was man macht
oder
Ich sage was man sagt
Ich lache über das was man lacht
Ich frage was man fragt
Ich mache was man macht
Und wenn das Man plötzlich Schlimmes tut
finde ich das dann auch alles gut?
Entweder lebe ich das Dasein
oder schäle mich durch zum Selbstsein.
Wer ist dieses Man? Durch den Philosophieunterricht und einen inspirierenden Vortrag meiner Mitschülerin Alisha bin ich auf Heidegger und seinen Text "Das Man" aus dem Buch "Sein und Zeit" gestossen. Der Text hat mich nicht mehr losgelassen. Ich kann nicht behaupten, dass ich ihn komplett verstanden hätte, doch ich habe mir Gedanken dazu gemacht und finde die Widersprüche zwischen dem Text und Heidegger selbst äusserst faszinierend.
Zurück zur Frage. Im Alltag benutzen wir so häufig den Ausdruck "man". Auch beim Schreiben meiner Texte benutze ich häufig "man" statt "ich" oder "wir". Doch was bedeutet das eigentlich? Wenn wir Heidegger fragen: „Jeder ist der Andere und Keiner er selbst.“ Ich selbst möchte das nicht definieren, ich konzentriere mich lediglich auf die Folgen des "Man".
Distanz schaffen
Es ist viel einfach das Wort "man" statt "ich" zu verwenden oder einen bestimmten Namen zu nennen. Es ist viel unpersönlicher. Indem ich "man" verwende, mache ich mich weniger angreifbar. "Man findet etwas nicht gut" geht viel leichter über die Lippen als "Ich finde das nicht gut". Ich verstecke mich also hinter meiner eigenen Meinung. Sei dies bewusst oder unbewusst. (Und ja, ich muss mich gerade extrem konzentrieren, immer ich zu schreiben und nicht man;) Das Man ist irgendwie ungreifbar, es ist allein vom Begriff her undefiniert. Ich selbst greife immer wieder unbewusst auf diese Schreibweise zurück, da sie mir leichter fällt.
Das Man in der Gesellschaft
Ist das Man die Gesellschaft oder formt die Gesellschaft das Man und das Man die Gesellschaft? Ich persönliche tendiere zum Letzteren, gebe hier meine Unsicherheiten aber gerne zu. Ich traue mich nicht, über philosophische Texte definitive Aussagen zu machen, wenn ich mich nicht lange genug damit befasst habe, um dem gerecht zu werden. Das, was ich an dem "Man" kritisch betrachte, ist:
- Entfremdung: Ich distanziere mich vor mir selbst und gebe ein Stück weit die eigene Individualität und das kritische Denken ab. Ich ordne mich dem Man unter und dieses überlagert und beeinflusst die eigenen Vorstellungen.
- Mangelnde Selbstreflexion: Durch das Man müssen wir unsere Taten, Worte und Gedanken weniger überprüfen. Das Man begünstigt eine oberflächliche Lebensweise.
- Bequemlichkeit: Unsere Bequemlichkeit veranlasst uns dazu, das Man noch häufiger zu verwenden. Es ist viel einfacher, die eigene Meinung hinter dem Man zu verstecken, als auf allfällige kritische Fragen gewappnet zu sein. Ich hinterfrage und überdenke meine Aussagen viel weniger, wenn ich das Man benutze.
Meiner Meinung nach führen diese Punkte zu einer geringeren Hemmschwelle, was Mobbing, Diskriminierung, und Ausgrenzung betrifft. Wir folgen diesem Man, wir hinterfragen es nicht, verstecken uns dahinter und nehmen es als unsere Wahrheit an. Es ist immer einfacher auf eine unbekannte Masse zu verweisen, statt selbst hinter einer Aussage zu stehen. Das fängt im Kleinen an, wo es noch nicht so schlimme Auswirkungen haben muss, doch wissen wir aus der Geschichte, dass zu bestimmten Zeiten verheerende Folgen hatte. Interessant ist an dieser Stelle, dass Heidegger diesen Text 1927 geschrieben hat und nur sechs Jahre später der NSDAP beigetreten ist.
Das Man ist also eine Grundlage für Mitläufer. Wir können unsere Meinung sagen, ohne uns selbst angreifbar zu machen. Da ich mich in meinen Texten und Aussagen selbst immer wieder hinter dem Man verstecke, gehöre ich wohl auch dazu. Ich möchte das Man hier auch nicht nur verteufeln, es gibt genauso auch die positiven Seiten. Es gibt uns halt in der Gesellschaft, wir halten uns dadurch an Normen und Regeln die notwendig sind und erschaffen somit einen gewissen Zusammenhalt. Ich persönlich finde es nur interessant und wichtig einmal über dieses Man nachgedacht zu haben.
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